Photovoltaik auf historischen Gebäuden

Solaranlagen prägen inzwischen vielerorts das Bild, Bild von FrauOdilo auf Pixabay

Die Medien berichteten dieser Tage über eine Behördenposse der besonderen Art, ausgerechnet in der „Green City“ Freiburg
(Link zum Bericht auf SWR-aktuell: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/streit-um-mini-solaranlage-in-freiburg-100.html):

Ein Hausbesitzer hat auf einem Nebengebäude seines denkmalgeschützten Anwesens eine kleine Solaranlage installiert. Vorherige Anfragen des Eigentümers nach der Zulässigkeit der Anlage blieben unbeantwortet. Baurechtlich ist die Anlage grundsätzlich  genehmigungsfrei, der Denkmalstatus des Nebengebäudes blieb hingegen trotz der Anfrage unklar. Nun soll – durch das Verwaltungsgericht bestätigt – die Solaranlage aus denkmalrechtlichen Gründen wieder zurückgebaut werden, sonst droht ein vierstelliges Zwangsgeld.

Der Fall zeigt einmal mehr, dass der Denkmalschutz in Baden-Württemberg dringend transparenter gemacht werden muss. Wenn die Denkmalliste nicht für jedermann jederzeit frei einsehbar ist (wie in praktisch allen anderen Bundesländern) und entsprechende Anfragen an die zuständigen Behörden unbeantwortet bleiben, entstehen den Denkmalbesitzern unkalkulierbare und nicht hinnehmbare Risiken. Dies ist für die Akzeptanz des Denkmalschutzes sicherlich nicht förderlich.

Er wirft vor allem aber auch ein Spotlicht auf die grundsätzliche Problematik Denkmalschutz versus Klimaschutz. Auch wir möchten dies, anhand des Beispiels Photovoltaik einmal näher beleuchten:

1.     Klimaschutz

Der Klimaschutz ist ein erklärtes politisches Ziel. Die CO2-Emissionen müssen drastisch gesenkt werden um die Erderwärmung zu begrenzen. Photovoltaik ist dabei eine Schlüsseltechnologie. Insofern hat der Gesetzgeber hier große Freiheiten eingeräumt.

2.     Baurecht

Diese Freiheit spiegelt sich auch im Baurecht wider. Photovoltaikanlagen auf oder an Gebäuden sind grundsätzlich verfahrensfrei:

Anhang zu §50 (1) LBO, Nr. 3c – verfahrensfreie Vorhaben: Anlagen zur fotovoltaischen und thermischen Solarnutzung auf oder an Gebäuden sowie eine damit verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt des Gebäudes; gebäudeunabhängig nur bis 3 m Höhe und einer Gesamtlänge bis 9 m

Verfahrensfrei heißt: Sie dürfen eine Photovoltaikanlage bauen und Sie brauchen dafür keine Baugenehmigung. Allerdings muss das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Sprich, ist etwa in einem Bebauungsplan, einer Ortsbildsatzung oder ähnlichem der Einsatz von Photovoltaik begrenzt, müssen Sie diese Vorgaben natürlich beachten. Das gilt auch bei denkmalgeschützten Gebäuden und deren Umgebung. Antworten geben hier die Gemeinden (Bebauungspläne, Ortsbildsatzungen etc.) und/oder die Baurechtsämter (Denkmalsschutz, Baurecht).

Im Zweifelsfall (wie der erwähnte Fall eindrücklich zeigt) empfiehlt es sich im Vorfeld eine Bauvoranfrage zu stellen, um eine verbindliche Aussage zu erhalten. Die Bauvoranfrage gibt Antworten auf konkrete Fragen zum geplanten Vorhaben. Alternativ kann natürlich auch direkt ein formaler Bauantrag gestellt werden.

3.     Denkmalschutz

Baumaßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden, auch die Installation einer PV-Anlage, sind immer genehmigungspflichtig (Denkmalschutzrechtliche Genehmigung). Auch die Umgebung eines Baudenkmals ist geschützt, soweit es für das Erscheinungsbild des Denkmals relevant ist (§2 (3) Denkmalschutzgesetz BW DSchG).

Durch eine Photovoltaikanlage wird das Erscheinungsbild natürlich immer verändert. Grundsätzlich betrifft das Erscheinungsbild das gesamte Gebäude. Die Tatsache, ob und wie weit eine solche Maßnahme von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann, spielt also zunächst einmal keine Rolle.

Wie eine PV-Anlage dennoch denkmalverträglich gestaltet werden kann zeigen wir weiter unten.

4.     Klimaschutzrecht und Gebäudeenergiegesetz

Ab dem 01. Mai 2022 wird in Baden-Württemberg die Solardachpflicht für Neubauten auch für private Häuslebauer kommen. Ab dem 01. Januar 2023 soll diese dann auch bei grundlegenden Dachsanierungen greifen.
(Link Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg KSG BW: https://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/64w/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=25&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-KlimaSchGBWrahmen&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint)

Grundsätzlich dürften denkmalgeschützte Gebäude (unserer Einschätzung nach) davon nicht betroffen sein, da nach §8a (8) KSG BW die Erfüllung sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben widerspricht.

Auch das Gebäudeenergiegesetz (GEG – Link: https://www.gesetze-im-internet.de/geg/) sieht eine anteilige Nutzung erneuerbarer Energien für Gebäude vor. Bei Sanierungen zwar derzeit nur bei öffentlichen Gebäuden, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Regelung ausgeweitet wird. Allerdings dürfte auch hier weiterhin der Denkmalschutz ein Ausnahmetatbestand bleiben. Außerdem kann dieser Nachweis auch durch andere Maßnahmen erbracht werden.

5.     Denkmalverträgliche Gestaltung von PV-Anlagen

Für Denkmaleigentümer stellt sich nun die Frage: Kann ich überhaupt eine PV-Anlage installieren?

Die Antwort ist, wie so oft: Es kommt darauf an! Grundsätzlich können natürlich auch an Baudenkmalen PV-Anlagen errichtet werden. Der Denkmalschutz hat dabei aber Abwägungen zu treffen, die diese Möglichkeiten einschränken. Wir möchten aufzeigen, wo hier die größten „Bauchschmerzen“ liegen und welche denkmalpflegerischen Aspekte hierbei eine Rolle spielen:

Erscheinungsbild

Wie schon gesagt verändert eine PV-Anlage das Erscheinungsbild. Natürlich wird es hier bei der Abwägung eine Rolle spielen, inwieweit diese Veränderung einsehbar ist. Zwar sind auch die „Abseiten“ eines Denkmals geschützt, aber eine rückwärtige Dachfläche zum Innenhof prägt das Erscheinungsbild natürlich weniger stark, wie die Schauseite.

Selbstverständlich sollte die PV-Anlage am Denkmal auch das richtige Maß finden. Die Ausnutzung der Dachfläche bis zum letzten Quadratzentimeter ist beim Baudenkmal sicherlich nicht der Königsweg.

Darüber hinaus spielt es eine zentrale Rolle, wie die PV-Anlage gestaltet ist. Geschlossene Geometrien sind weniger störend, wie eine lückenhafte oder verschachtelte Anordnung der PV-Module. Mit sogenannten „Leermodulen“ (ohne Funktion) können Geometrien auch an vorhandene Gegebenheiten angepasst werden.

Ungünstige, zufällige Anordnung der PV-Module – am Denkmal sicherlich nicht vorstellbar, Bild von P-association – Pixabay
Eine ruhige geschlossene Geometrie der Module beeinträchtigt das Erscheinungsbild weniger, Bild von Manfred Antranias Zimmer – Pixabay

Mit etwas Glück lassen sich auch alternative Standorte finden, etwa auf Nebengebäuden, Carports oder Vordächern. Es gibt auch kreative Möglichkeiten, Solarelemente an Fassaden oder separat im Freien zu installieren. Darüber hinaus gibt es viele interessante Ansätze farbige Solarmodule einzusetzen, die das Erscheinungsbild kaum stören, oder etwa Solarziegel (siehe auch Forschungsbericht aus der Schweiz weiter unten unter nützliche Links). Solche Systeme werden bereits immer ausgereifter und wirtschaftlicher.

Wichtig ist, sich mit dem Erscheinungsbild auseinanderzusetzen und die Gestaltung der PV-Anlage nicht dem Zufall zu überlassen. Genauso wichtig ist, die Ideen frühzeitig mit der Denkmalpflege abzustimmen. Kommt beides zusammen, so ist unsere Erfahrung, findet sich auch meist eine gute, für alle Seiten akzeptable Lösung.

Substanzerhalt

Die Denkmale in ihrer Substanz zu erhalten ist das Ziel des Denkmalschutzes, denn diese Substanz macht letztlich den Denkmalwert aus. Insofern ist die Maxime, so wenig wie möglich in die Bausubstanz einzugreifen.

Muss also für eine PV-Anlage der Dachstuhl verändert oder verstärkt werden, ist dies sicherlich in den meisten Fällen ein K.O.-Kriterium. Ein anderes Beispiel ist, wenn eine historische Dacheindeckung durch die PV-Anlage betroffen ist. Schwer vorstellbar, dass etwa ein Schwarzwaldhof mit Strohdach oder ein intaktes barockes Biberschwanzdach mit einer PV-Anlage belegt werden kann. Hier ist die Gefahr der Beschädigung zu groß, wenn sich z.B. unter den Modulen die Hitze staut oder die Luftzirkulation eingeschränkt wird.

Reversibilität

Eingriffe sind für den Denkmalschützer immer leichter verdaulich, wenn sie reversibel sind. Also jederzeit auch wieder rückgängig gemacht werden können. Ziegeldächer haben eine lange Lebensdauer, und können durchaus auch Jahrhunderte unbeschadet überstehen. PV-Anlagen erreichen ihr Lebensende hingegen bereits nach wenigen Jahrzehnten. Eine Aufdach-Anlage kann dann beispielsweise einfach wieder zurückgebaut werden.

Ortsbild

Dann ist da noch das Erscheinungsbild unserer Städte und Dörfer. Harmonische, geschlossene Dachlandschaften sind oftmals wesentliches Prägungsmerkmal. Natürlich sind schwarz schimmernde oder gar spiegelnde Solarmodule hier Störfaktoren.

Solaranlagen prägen inzwischen vielerorts das Bild, Bild von FrauOdilo auf Pixabay

Ortsbilderhalt ist zwar primär weniger eine Aufgabe des Denkmalschutzes, aber dennoch ein zu beachtender Aspekt. Hier sind die Städte und Gemeinden gefragt. Es wird in den kommenden Jahren zentrale Aufgabe der Kommunen sein, den Spagat zwischen dem Erhalt des Ortsbildes (und damit der lokalen Identität) und notwenigem Klimaschutz zu schaffen.

Die Wahrnehmung und Akzeptanz von PV-Anlagen ist jedoch ebenfalls im Wandel, was vor einigen Jahren noch als störend empfunden wurde, wird heute als wichtiger Beitrag zum Klimaschutz begrüßt.

Weitere Kriterien

Ein weiteres Kriterium beim Baudenkmal wird wohl sein, inwieweit die erzeugte Energie auch selbst nutzbar ist. So erklärte die Sprecherin der Stadt Konstanz, Elena Oliveira, dem Magazin „Kommunal.“ gegenüber, dass ein entsprechender Umbau (am Denkmal) nur genehmigungsfähig sei, wenn das sanierte Gebäude die produzierte Solarenergie auch selbst nutzen könne. (Link: https://kommunal.de/denkmalschutz-klimaschutz-regeln)

In wie weit diese Auffassung auch von anderen Behörden geteilt wird, bleibt abzuwarten. Denn diese Aussage ist interpretierbar und aus unserer Sicht nicht ohne weiteres pauschalisierbar. Natürlich wäre bei einer entlegenen Feldkapelle der Sinn einer PV-Anlage zu hinterfragen, aber ob die PV-Anlage auf dem Kirchendach nun nur der Kirche dienen darf oder auch dem benachbarten Gemeindehaus?

Die Gefahr bei solchen Aussagen ist sicherlich, dass sie nicht einschätzbar sind und verunsichern. Natürlich bleibt eine PV-Anlage am Denkmal eine Ermessensentscheidung. Daher wäre es sicherlich hilfreich, wenn seitens des Denkmalschutzes klare Kriterien definiert würden.

Die Bergkirche in Schönau. Verschandelung des Denkmals oder wertvoller Beitrag zum Klimaschutz? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Bild: Taxiarchos228 – Eigenes Werk, FAL – wikipedia.org

Fazit

Photovoltaik an historischen Gebäuden ist ein Spannungsfeld. Die Denkmalpflege kann und muss hier nach Ermessen entscheiden. Photovoltaik an historischen Gebäuden sollte daher sorgfältig durchdacht werden, die Gestaltung sollte nicht zufällig sein und sich nicht am maximal möglichen orientieren. Die Absprache mit der Denkmalschutzbehörde sollte möglichst frühzeitig erfolgen. Wenn diese Punkte beachtet werden, ist auch bei historischen Gebäuden die Nutzung der Sonnenenergie oft möglich. Denkmalschutz und Kommunen sind allerdings auch gefordert klare und transparente Kriterien zu formulieren.

Nützliche Links:

Infobroschüre des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg zur Nutzung erneuerbarer Energien: https://www.denkmalpflege-bw.de/fileadmin/media/denkmalpflege-bw/publikationen_und_service/infobroschueren/02_praktische_denkmalpflege/denkmalpflege_erneuerbare_energien/BroschDenkmuErneuerbEnergien2022WWWVersionKorr3.pdf

…und vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege: https://www.blfd.bayern.de/mam/information_und_service/denkmaleigentuemer/2012_broschuere_solarenergie-denkmalpflege.pdf

Farbige PV-Module für den Denkmalschutz – ein Forschungsprojekt aus der Schweiz: https://www.aramis.admin.ch/Default?DocumentID=46895&Load=true

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Artikel aus der Zeitschrift „Denkmalsanierung 2019/2020“ von Dr. Diana Wiedemann