Die „besonders erhaltenswerte sonstige Bausubstanz“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und wird in §105 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) genannt, ohne genauer zu definieren, was denn zu dieser Bausubstanz zählt.
Ratlosigkeit bei den Gemeinden
Gemeinden werden meist dann damit konfrontiert, wenn es um die Antragsstellung von KfW-Fördermaßnahmen geht, oder wenn von Vorgaben der ENEV abgewichen werden soll. Oftmals ist dann die Unsicherheit groß – nicht selten werden in der Folge (erfolglos) Anfragen an übergeordnete Baurechts- oder Denkmalschutzbehörden gestellt, diese sind jedoch in der Regel nicht zuständig. Oder es werden entsprechende Anfragen mit Verweis auf fehlende Gestaltungs- oder Erhaltungssatzungen abgelehnt. Dabei werden enorme Chancen auf eine, das Ortsbild schützende Innenentwicklung vertan. Bei genauerer Betrachtung bieten sich nämlich erhebliche Spielräume in der Stadtentwicklung.
Die Kommunen entscheiden
Welche Gebäude im konkreten Einzelfall zur „besonders erhaltenswerten sonstigen Bausubstanz“ gehören, bestimmt nämlich letztlich die Kommune selbst. Dazu ist kein großer Verwaltungsakt erforderlich, sondern im Grunde nur eine formlose Bestätigung für den Eigentümer (bzw. die Unterschrift auf dem entsprechenden Vordruck im KfW-Verfahren). Hier kann sich die Verwaltung also besonders unbürokratisch zeigen und für den Antragssteller eine enorme finanzielle Unterstützung ermöglichen, wenn dadurch etwa auf attraktive KfW-Denkmal-Förderungen zugegriffen werden kann.
Beurteilungskriterien für besonders erhaltenswerte Bausubstanz
Wichtig ist für die Kommune eine einheitliche Linie und einen verantwortlichen Ansprechpartner zu finden. Dabei handelt es sich meistens um den für die Stadtentwicklung zuständigen Amtsleiter. Dieser legt anhand von wenigen Kriterien fest, ob eine Bausubstanz besonders erhaltenswert ist, oder nicht.
Folgende Kriterien haben sich immer wieder als entscheidend etabliert:
- Strukturtypisch: Ist das Gebäude für die Umgebung typisch? (Form, Größe, Materialität, Baukörper)
- Stadtbildprägend: Steht das Gebäude an zentraler Stelle, an einer Sichtachse und ist somit ortsbildprägend? Prägt es den Ortsrand oder die Dachlandschaft mit? Ist es Teil eines Ensembles?
- Geschichtlich bedeutend: Spiegelt das Gebäude einen für den Ort wichtigen Abschnitt wider?
- Baualter/Gestaltung: Ist das Gebäude Vorkriegsarchitektur und/oder aufgrund seiner besonderen (zeittypischen) Gestaltung erhaltenswert?
- Würde das Gebäude durch die energetische Sanierung (insbes. Fassadendämmung) sein Erscheinungsbild deutlich verändern?
Sollte auch nur eine der vorstehenden Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können, so besteht bereits eine gewisse Handhabe das Gebäude als sonstige erhaltenswerte Bausubstanz einzustufen. Hier eröffnen sich für die Gemeinden also große Spielräume, die Stadt- und Ortsentwicklung zu fördern und zu prägen.
Gleichbehandlungsgrundsatz beachten
Allerdings ist die dringende Empfehlung an die Kommunen auch im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes, diese Kriterien zu präzisieren und öffentlich darzustellen. Darüber hinaus ist sogar eine Legitimation durch die politischen Gremien mit Verweis auf die gewollte energetische Sanierung und den Schutz des Ortsbildes meist problemlos. Hier erarbeitet die Stiftung Baukulturerbe gerade Handlungsempfehlungen und bietet somit Unterstützung.
Übrigens: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat mittlerweile die Energieeinsparverordnung (ENEV) abgelöst. Es zeichnet sich ab, dass die Förderkulisse für die energetische Altbausanierung weiter verbessert wird, sodass dieses Thema an Brisanz gewinnen wird.
Weiterführende Links:
Knapp und gut – Ein Beitrag des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung, Brandenburg:
Umfangreich – Die Kommunale Arbeitshilfe des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat von 2014 (ehemals Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit)