Ein Industriedenkmal im Freiburger Westen

Foto: Klaus Grundmann (re.) mit dem ehemaligen Technischen Direktor der FEW, Freiburger Energie- und Wasserversorgung AG, Richard Funk. Er war 1964/65 Bauherr der Gaskugel. © Foto: Bundesstiftung Baukultur

Die Bundesstiftung Baukultur hat die Freiburger Gaskugel als noch junges Kulturdenkmal in ihre Sommerreise 2022 eingebunden. Ihr gilt unser besonderer Dank! Mit dieser Aktion wird ein zusätzlicher Fokus auf das Bürgerprojekt DIE KUGEL gelenkt, das nur mit dem großen Engagement vieler ehrenamtlicher Unterstützer*innen heute da verortet ist, wo es ist – veröffentlicht in zahlreichen Medien, in der aktuellen politischen Diskussion im Stadtrat, im Blickfeld des Stadtplanungsamtes und im Fokus von Wissenschaft und Technik.

Die Gaskugel verkörpert als Industriedenkmal ein Stück Baugeschichte, aber auch ein Stück Gesellschaftsgeschichte. Sie ist zum Wahrzeichen des Freiburger Westens geworden, auch wenn sich viele Bürger*innen aus diesem Stadtteil noch an die kontroversen Diskussionen um die Sicherheit solcher Anlagen in den 1960er Jahren erinnern können. Die Gaskugel wurde im Jahre 1964/65 erbaut und diente bis 2019 als Reserve-Gasspeicher. Sie wurde nach der Stilllegung unter Denkmalschutz gestellt und ist heute im Besitz von Badenova / bnNetze.

Unmittelbar nach der Stilllegung wurde um den Bürgerverein Betzenhausen-Bischofslinde e. V. der „Arbeitskreis Gaskugel“ gegründet, der sich seitdem die gesellschaftliche Aufgabe gestellt hat, die Gaskugel als Industriedenkmal zu erhalten und einer neuen Nutzung zuzuführen.

Gerade die Industriearchitektur hat in unserer Gesellschaft einen schweren Stand. Entfällt ihr wirtschaftlicher Nutzen, wird sie oftmals nur noch als Altlast, als „Schrottimmobilie“ betrachtet, die einen Schandfleck in unserer gebauten Umwelt darstellt. Doch wird dabei vergessen (oder besser verdrängt), dass gerade ein Industriedenkmal ein unvergleichliches Dokument der Baugeschichte und der gesellschaftlichen Entwicklung darstellt. Zu Schandflecken werden diese Orte erst durch Vernachlässigung, Nichtbeachtung und mangelnde Baupflege nach langem Leerstand.

Dass solche Bauwerke einem technischen Verschleiß unterliegen und einer besonderen Pflege und Beachtung bedürfen, wird oft nicht gesehen. Kosten- und Finanzierungsfragen dominieren und werden in der Regel nicht dem baukulturellen und gesellschaftlichen Wert gegenübergestellt. Deshalb ist es so wichtig, dass sich diese Ingenieurbauwerke, wie unsere Gaskugel hier, nicht zum Abrisskandidaten entwickeln, weil sie irgendwann baufällig werden und große sicherheitsrelevante Baumängel aufweisen.

Und gerade für Freiburg und die Umgebung, die nicht industriell geprägt sind, stellt die Kugel einen einmaligen Solitär der Industriekultur dar. Geplant ist in einem „sanften Nutzungskonzept“, die Kugel für die Öffentlichkeit begehbar zu machen. Die besondere Echo-Akustik darin ist einzigartig und hat das Interesse der Musikwissenschaftler*innen und Praktiker*innen geweckt, als einmaliger Klangraum und wissenschaftliches Experimentierfeld.

Der Platz um die Kugel soll als kultureller lebendiger Treffpunkt gestaltet und genutzt werden, mit einem Gartencafé, Erlebnisführungen für alle Generationen, und mit einem Informationszentrum für „Wasser, Klima und Energie“, das rückblickend die Gasgeschichte aufzeigt, aber auch auf zukünftige Entwicklungen hinweist.

In unserem sanften Nutzungskonzept steht die denkmalverträgliche und öffentliche Nutzung zugunsten der Allgemeinheit im Mittelpunkt. Für diese Ziele ist der Arbeitskreis Gaskugel mit Frau Dr. Piehler als Projektleiterin zusammen mit der Stiftung Baukulturerbe, dem Bürgerverein Betzenhausen-Bischofslinde, dem Kultur- und Geschichtskreis Betzenhausen-Bischofslinde und der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild angetreten.

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Artikel aus der Zeitschrift „Denkmalsanierung 2019/2020“ von Dr. Diana Wiedemann