Fassadensanierung eines denkmalgeschützten Hotels

Ein Beispiel für den Erhalt historischer Bausubstanz

Im Überblick

  • In Freiburg wurde ein denkmalgeschütztes Hotel fachgerecht saniert.
  • Für verschieden statische Probleme wurden dabei Lösungen gefunden.
  • Die Geschichte des Hotels wird näher beleuchtet.

Das imposante Gebäude, das 1867 als Privatvilla erbaut wurde, wird seit 1904 als Hotel genutzt. Im Krieg erlitt es 1944 erhebliche Schäden. Mit einem Eigentümerwechsel erfolgte 1981 eine im wahrsten Sinne des Wortes grundlegende Sanierung und Rekonstruktion. Dabei blieb nur die historische Fassade stehen. Das restliche Gebäude wurde neu erstellt.

Die Fundamente lagerten auf dem Aushub des bis 1850 erbauten Freiburger Bahnhofs mit dem ein Teil des Wassergrabens der Josefs-Bastion aufgefüllt wurde. Dieser Untergrund war nicht tragfähig, um die alten Gebäudeteile – bis auf die Fassade-, erhalten zu können.

Die Aussenansicht von der Colombistraße. Links unten der historische Eckbalkon. Bild von Klaus Grundmann

Die Badische Zeitung titelte am 4. Mai 1982: „Außen alt, innen neu“.  

Nun wurde es wieder Zeit, die in die Jahre gekommene Fassade, die schon zahlreiche Risse und Farbabplatzungen zeigte, wieder zu sanieren.

Nach umfangreichen Vorplanungen und Absprachen mit dem Denkmalamt wurde damit begonnen im Frühjahr 2016 in zwei Bauabschnitten zunächst den Fassaden-bereich in der Colombistraße und anschließend die Fassade in der Eisenbahnstraße einzurüsten und zu sanieren. Zuletzt wurden mit der kompletten statischen Balkonsanierung im Fassaden-Eckbereich die Sanierungsarbeiten im Jahr 2018 abgeschlossen.

Erst nach den Strahlarbeiten an der Fassade wurde deutlich, dass die historische Fassade aus dem Jahr 1898  teils durch unsachgemäße Sanierungen in den 1980er Jahren an den Sandsteingesimsen und Ornamenten erheblich größere Schäden erlitten hatten als ursprünglich angenommen. So mussten große Teile der Sandsteinelemente ausgebaut und erneuert werden, da sie nicht mehr zu erhalten waren. Gesimsteile und ornamentale Verzierungen mussten teilweise nach historischen Fotoaufnahmen reprofiliert werden.

Eine weitere Herausforderung stellte sich den Beteiligten als sich zeigte, dass an der Tragkonstruktion der historischen Balkonanlage in der Ecksituation Eisenbahnstraße-Colombistraße Risse vorhanden waren. Ein umfassendes statisches Gutachten wurde erstellt, das bestätigte, dass die aus der Bauzeit stammende Tragkonstruktion aus Stahlträgern, die in der Betonplatte eingegossen waren, eine so starke Korrosion aufwies, dass die Tragfähigkeit der gesamten Balkonanlage nicht mehr gewährleistet war.

Grund dafür war, dass durch Eintritt von Wasser in die Stampfbetonplatte über einen langen Zeitraum sich der Beton alkalisch verändert hat. Diesen Vorgang nennt man Carbonatisierung. Im Bauwesen wird damit eine chemische Reaktion bezeichnet, die in jedem Beton bei Anwesenheit von Kohlendioxid und Feuchtigkeit abläuft.

Dieser Vorgang schadet dem Beton nicht direkt. Durch die Bildung von Kalkstein während der Carbonatisierung wird die Festigkeit sogar erhöht, was prinzipiell positiv zu bewerten ist. Im Falle von Stahlbeton ermöglicht allerdings der durch den Vorgang hervorgerufene Verlust des alkalischen Milieus (Depassivierung) die Bewehrungs-korrosion, die schwerwiegende Schäden am Bauteil nach sich zieht.

Bei der Balkonanlage war bei den Stahlträgern bereits eine starke Korrosion zu verzeichnen, so dass es zu großen Abplatzungen im Putz gekommen war. Dieser chemische Prozess im Beton kann dann auch nicht mehr gestoppt werden.

Eine Detailaufnahme der korrodierten Stahlelemente. Bild von Klaus Grundmann.

Ein Freiburger Team aus Architekten und Innenarchitekten, dessen Leitspruch „wir retten alte Gebäude“ lautet, und das für die Sanierung zuständig war, hat zusammen mit einem Statiker, der die Berechnungen „händisch“ anstellte, eine Lösung gefunden.

In Absprache mit dem Landesdenkmalamt wurde ein Sanierungskonzept erstellt, das vorsah, die gesamte Balkonanlage (Steinbalkon) zu demontieren, um die statische Tragfähigkeit der Balkonplatte wiederherzustellen. Der Steinbalkon, der aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt ist, wurde komplett abgebaut, um die statischen Tragelemente freizulegen.

Die Betonplatte wurde rund um die Stahlträger komplett ausgebaut. Anschließend wurde eine neue Stahltragkonstruktion berechnet und eingebaut und eine neue Balkonplatte aus Beton vergossen.

Sämtliche Balkonelemente aus Stein bzw. aus Stampfbeton wurden restauratorisch vom Steinmetz bearbeitet. Defekte oder nicht wiederherzustellende Teile wurden durch originalgetreue Replikate ersetzt. Dabei stand Erhalt vor Erneuerung im Vordergrund.

Nach 6 Monaten Bauzeit war auch die Balkonanlage originalgetreu wiederhergestellt. Das historische Gebäude stellt jetzt wieder mit seiner stadtbildprägenden historischen Fassade eine Bereicherung für das Stadtbild dar.

Renovierung im laufenden Betrieb

Die Sanierungsarbeiten erfolgten bei laufendem Hotelbetrieb. Ein gelungenes Beispiel für gute Organisation und denkmalkonforme Sanierung ohne Unterbrechung des Hotelbetriebs. Aber nicht nur die Fassade wurde saniert. In Etappen erfolgte in den letzten Jahren ebenso schrittweise die Renovierung aller Zimmer und der Rezeption, des Frühstückraums und der Fenster. Um einen zeitgemäßen Hotelbetrieb zu gewährleisten wurde auch eine Klimaanlage eingebaut. Zusätzlich wurde ein neues ressourcenschonendes Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen, welches das vorherige ersetzte.

Das neue Vordach. Bild von Klaus Grundmann

Ergänzt wurde das gesamte Sanierungspaket durch eine Erneuerung des Vordaches am Eingang. In Absprache mit der Denkmalschutzbehörde, die einem durchsichtigen Glasdach den Vorzug gab, um durch die Transparenz den Gesamteindruck des imposanten Gebäudes  nicht zu stören, erfolgte der Neubau des modernen Eingangs-bereiches, der die Gäste im Kultur- und Literaturhotel angemessen empfängt.

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Artikel aus der Zeitschrift „Denkmalsanierung 2019/2020“ von Dr. Diana Wiedemann